Author Topic: Thomas Mann  (Read 11642 times)

Offline Camenzind

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Thomas Mann
« on: 20. Januar 2015, 09.19 Uhr »
Der "Tod in Venedig", der mich seinerzeit (vor 44 Jahren ...) zutiefst beeindruckt hat und den ich im Laufe meines Lebens dann ca. 15 mal gesehen habe, ist m.E. ein Beispiel für eine außerordentlich gelungene Verfilmung.

In dem Fall habe ich zuerst den Film gesehen und dann das Buch gelesen, und an Stellen wie dieser

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ein dreister Schlager in unverständlichem Dialekt und ausgestattet mit einem Lach-Refrain, in den die Bande regelmäßig aus vollem Halse einfiel. Es hörten hierbei sowohl die Worte wie auch die Begleitung der Instrumente auf, und nichts blieb übrig als ein rhythmisch irgendwie geordnetes, aber sehr natürlich behandeltes
Lachen, das namentlich der Solist mit großem Talent zu täuschendster Lebendigkeit zu gestalten wußte. Er hatte bei wiederhergestelltem künstlerischen Abstand zwischen ihm und den Herrschaften seine ganze Frechheit wiedergefunden, und sein Kunstlachen, unverschämt zur Terrasse emporgesandt, war Hohngelächter.

gedacht, das, was wir da gehört und gesehen haben, hätte man besser nicht beschreiben können.  :)

(Daß übrigens zahlreiche Stellen aus "Doktor Faustus" eingebaut sind, habe ich erst später bei dessen Lektüre realisiert, nebenbei bemerkt.)

(Und daß Aschenbach im Film Komponist ist und nicht Schriftsteller, halte ich in dem Fall für nicht allzu wesentlich, für einen interessanten Variant.)

*

Nochmal zum "Veruntreuten Himmel", es gibt zwei Verfilmungen, habe ich mittlerweile gelesen. Ich sah die ältere. Da geht es am Ende massiv um die Kirche und den Papst, bei Werfel nicht, bei ihm geht es um Gott. Was der Protagonistin am Ende zuteil wird, kommt weder von der Kirche noch vom Papst ...

Offline sandhofer

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Re: Thomas Mann
« Reply #1 on: 20. Januar 2015, 19.53 Uhr »
An den Film habe ich nur noch vage Erinnerungen. Aber ich mochte damals Thomas Manns Tod in Venedig nicht. Im Gegensatz zu meinem Deutschlehrer. (Der auch den Film mochte. Ich nicht.) Genauso wenig wie den Tonio Kröger. Oder Mario und den Zauberer...
Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

Offline Camenzind

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Re: Thomas Mann
« Reply #2 on: 21. Januar 2015, 07.44 Uhr »
By the way, (Thomas Mann, Film,)

Heinrich Breloer meinte ja auch in seiner 'Buddenbrook'-Verfilmung den Hanno bei einer Bootsfahrt ins Wasser fallen lassen zu müssen, damit das mit dem Typhus vielleicht plausibler herüberkommt ... Im Original fällt keiner ins Wasser, das braucht es auch nicht, mit dem Typhus und anderem hat es die Bewandtnis, daß er ggf. ganz ohne äußere Einwirkung von innen kommt ... (Das mögen Mediziner 'wissenschaftlich' anders sehen ...)

habe ich schon mal in einem anderen Forum in den Wind geschrieben, es sei auch hier gern abgesondert  :)

Offline Sir Thomas

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Re: Thomas Mann
« Reply #3 on: 21. Januar 2015, 08.02 Uhr »
... ich mochte damals Thomas Manns Tod in Venedig nicht. Im Gegensatz zu meinem Deutschlehrer. (Der auch den Film mochte. Ich nicht.) Genauso wenig wie den Tonio Kröger. Oder Mario und den Zauberer...

Magst Du sie mittlerweile?

Offline sandhofer

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Re: Thomas Mann
« Reply #4 on: 21. Januar 2015, 18.52 Uhr »
Magst Du sie mittlerweile?

Ähm ... nein.  >:D
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Offline Camenzind

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Re: Thomas Mann
« Reply #5 on: 21. Januar 2015, 18.57 Uhr »
Ich mag 'Tonio Kröger' bzw. einige Stellen darin immer noch. Sehr. Im Gegensatz zu dessen Autor, den ich mittlerweile sozusagen ohrfeigen könnte.

 :)

Offline Camenzind

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Re: Thomas Mann
« Reply #6 on: 21. Januar 2015, 18.59 Uhr »
Die Breloer-Verfilmung ist übrigens insgesamt nicht übel, insbesondere der Christian-Darsteller ganz hervorragend.

Offline sandhofer

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Re: Thomas Mann
« Reply #7 on: 21. Januar 2015, 20.49 Uhr »
Den Romancier - wenn wir mal von den Buddenbrooks absehen, die ich nicht verorten kann - mag ich sehr, vor allem die Josefs-Tetralogie, aber auch den Doktor Faustus. Und den Felix Krull finde ich genial.
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Offline Camenzind

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Re: Thomas Mann
« Reply #8 on: 22. Januar 2015, 09.17 Uhr »
Eine etwas unglückliche Thread-Verschiebung, mit Verlaub ...

Der Eingangsbeitrag, der ursprünglich kein solcher war, bezieht sich auf unterschiedliche Verfilmungen verschiedener Autoren ... im Thread zu Literaturverfilmungen ...

Wenn einer neu hinzukommt und diesen Thread hier aufmacht, wird er angesichts des vermeintlichen Eingangsbeitrags denken "Komischer Vogel, ein Thema zu Thomas Mann so zu eröffnen ..."

 ;)

Nun zum neu entstandenen Thread-Thema,

Thomas Mann hielt auch in späteren Jahren den 'Tonio Kröger' für eine seiner besten Arbeiten, m.E. durchaus zu Recht. Seine großen Romane haben mich teilweise etwas enttäuscht, insbesondere "Lotte in Weimar" fand ich sozusagen schwer durchzustehen, erst gegen Ende wurde ich etwas versöhnt.

Den Autor bzw. Menschen Mann selber finde ich mittlerweile fast indiskutabel, je mehr ich mich mit ihm beschäftigt habe ... (Mendelssohn, Kurzke, Reich-Ranicki, Harpprecht, alles durch ...)

Offline sandhofer

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Re: Thomas Mann
« Reply #9 on: 24. Januar 2015, 10.54 Uhr »
Eine etwas unglückliche Thread-Verschiebung, mit Verlaub ...

Verlaub erteilt.  ;)

Der Eingangsbeitrag, der ursprünglich kein solcher war, bezieht sich auf unterschiedliche Verfilmungen verschiedener Autoren ... im Thread zu Literaturverfilmungen ...

Insofern, als dass der ursprüngliche Thread nicht zu Literaturverfilmungen war - das war schon die erste Digression, Mann dann die zweite -, sondern meinen Unwillen darüber ausdrückte, dass jede Diskussion über klassische Romane früher oder später bei "Kennst du die Verfilmung?" endet, wenn mich Verfilmungen kaum interessieren ...

Thomas Mann hielt auch in späteren Jahren den 'Tonio Kröger' für eine seiner besten Arbeiten, m.E. durchaus zu Recht. Seine großen Romane haben mich teilweise etwas enttäuscht, insbesondere "Lotte in Weimar" fand ich sozusagen schwer durchzustehen, erst gegen Ende wurde ich etwas versöhnt.

Nun, in der Lotte hat sich Mann wohl auch selber von seinem unheimlichen Zwilling Goethe befreien müssen. Der Roman als solcher ist tatsächlich keine Höchstleistung. An den Joseph ist Mann m.M.n. weder vor- noch nachher je herangekommen. Als Novellisten kann ich Mann nicht goutieren. Im Gegensatz zu seinem Bruder.

Den Autor bzw. Menschen Mann selber finde ich mittlerweile fast indiskutabel, je mehr ich mich mit ihm beschäftigt habe ... 

Arno Schmidt - auch ein grosses A...loch vor dem Herrn - hat einmal sinngemäss gesagt, dass Autoren keine Energie darauf verschwenden können, nette Menschen zu sein. Sie brauchen ihre Energie für ihr Werk.
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Offline Camenzind

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Re: Thomas Mann
« Reply #10 on: 24. Januar 2015, 14.18 Uhr »

Insofern, als dass der ursprüngliche Thread nicht zu Literaturverfilmungen war - das war schon die erste Digression

In einem Thread, in dem - zurecht - gesagt wird, daß Literaturverfilmungen meistens nicht wirklich gelungen sind, eine auffallende Ausnahme zu erwähnen, halte ich nicht für eine Abschweifung ...

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Arno Schmidt - auch ein grosses A...loch vor dem Herrn - hat einmal sinngemäss gesagt, dass Autoren keine Energie darauf verschwenden können, nette Menschen zu sein.

Nett braucht er nicht sein, keineswegs ... (Nett bin ich auch nicht immer ...  :)) Arno Schmidt ist mir persönlich wesentlich sympathischer als Mann ... Schmidt ist ehrlich ... ja, nahezu regelrecht sympathisch, wenn ich's recht bedenk' ... (mir ist auch Kinski [einigermaßen] sympathisch ...) Mann sozusagen ein Staatsschauspieler ... ein aufgeblasener Täuscher ...