Hallo!
Das Interesse an Heinlein wurde durch diese
Besprechung geweckt, womit auch eine gewissen positive Erwartungshaltung verbunden war. (So nebenbei glaube ich, das Buch schon vor einigen Jahrzehnten gelesen zu haben, da mir einige Vorkommnisse sehr bekannt erschienen.)
Eine Marsexpedition verschwindet vor vielen Jahren. Einige Zeit später wird erneut eine Unternehmung ausgerüstet und kommt mit einem jungen Mann zurück, offensichtlich der Sohn zweier Mitglieder der ersten Expedition. Da er Ansprüche auf das Erbe dieser Gruppe machen kann, ist er unermesslich reich (eigentlich "gehört" ihm auch der Mars), wird dadurch Spielball der Mächte auf der Erde, in einem Krankenhaus zuerst interniert, dann mit Hilfe einer Krankenschwester und eines Journalisten befreit und zu einem reichen Schriftsteller (Harshaw) gebracht. Michael Smith erscheint anfangs als "tumber Tor", hat aber von den Marsbewohnern übernatürliche Fähigkeiten erworben (Telepathie, Telekinese), versucht die Erdlinge zu "groken" (ein tiefere Form des Verstehens), gründet schließlich eine Art Kirche, wird zum Prediger und opfert sich schließlich für seine Bewegung (er wird vom Mob zerrissen, anschließend von seinen Jüngern gegrokt - was in diesem Fall bedeutet, dass sie ihn bzw. seine Rest zum Mittagessen verspeisen).
Was anfangs sich als "normale" SF-Story liest, wird spätestens bei Sektengründung durch den Marsmenschen ein ziemlich dümmliches, einfältiges Geschreibsel über den Idealzustand einer zukünftigen Gesellschaft. Philosophische Ergüsse mit Schlauchboottiefgang, feuchte Träume eines alternden Machos (das weibliche Personal der Sekte entspricht im Aussehen etwa den Mädchen aus dem Playboy, während die Männer den von mir vermuteten Lesern des Magazins entsprechen). Man praktiziert freie Liebe (und ist selbstredend glücklich dabei, weil man so menschliche Eigenschaften wie Eifersucht oder Machtgier längst "gegrokt" und damit überwunden hat), liest die Gedanken seiner "Wasserbrüder", erfreut sich telekinetischer Spielereien und begrüßt einander mit der Formel, dass der andere "Gott sei". Selbstverwirklichung aller Orten, Ron Hubbard kopuliert mit Sun Myung Moon, während Maharishi Mahesh Yogi das ganze Spielchen wohlwollend verfolgt. Das Buch atmet den bescheidenen Geist der Selbstverwirklichungsszenen der 60iger und 70iger und ist bestenfalls eine billige Esoterikschmonzette für Dauerbekiffte. (Wobei ich die "gekürzte" Version gelesen habe: Gekürzt um allerlei anstößige Passagen, aber ich habe zu keiner Zeit bedauert, dass mir die ausführlicheren Erotikphantasien Heinleins nicht in ihrer ganze Umfänglichkeit zur Verfügung gestanden haben. Der offenkundige Anspruch, die Relativität von Moral, Sitten, Kultur zu hinterfragen wird auf derart billige Weise erhoben, dass es schon höchst rätselhaft ist, wie sich selbst bei der vorhin erwähnten Klientel das Buch zu einem Kultbuch entwicklen konnte.)
Kein Buch, das Lust auf mehr vom gleichen Autor macht - im Gegenteil: Das hat etwa das Niveau von A. E. van Vogts
"Unterdrückten" - und so etwas muss man erst zustandebringen.
lg
orzifar