Hallo!
Da ich diesen Beitrag geschrieben habe, bevor ich den deinigen las, gleich der Hinweis, dass ich die Quellenangaben ganz und gar nicht für "penibel" halte, dass es vor allem sehr viele apodiktisch anmutende Feststellungen gibt, die ohne Beleg bleiben. Bei einer Seminararbeit würde man vom Verfasser in jedem Fall eine genauere Dokumentation einfordern.
Zumindest für das erste Kapitel, welches ich auch kritisiere, trifft das zu.
Das ist eine essayistisch-polemische Aufbereitung einer im Kopfe Finkelsteins vorformulierten These;
Einige Kritiker damals, als das Buch erschienen ist, haben Finkelstein auch so was, ich sage mal, unterstellt; vielleicht aus Rache, weil seine Mutter nur einen sehr bescheidenen Betrag als Entschädigung bekommen hat. Ich zweifele aber daran, dass es sich so verhält. Ich sehe das Buch nicht als historisches Werk sondern eher als Reportage, die ab dem zweiten Kapitel für mich jedenfalls sich nachvollziehbarer gestaltet.
Ich fasse meine Eindrücke vom ersten Kapitel mal zusammen:
Es folgt das erste Kapitel in dem Finkelstein zu belegen versucht, dass die Holocaust-Industrie, die eine Schöpfung der amerikanischen jüdischen Elite sein soll, erst nach dem israel-arabischen Krieg im Juni 1967 eingesetzt habe. Ich stimme mit dir überein, dieses Kapitel ist wirklich nicht stringent genug, und wenn man so will, Finkelsteins Ausführungen kommen mir persönlich, wenn ich das als historischer Laie lese, ziemlich undeutlich herüber, ich immer nicht mich darüber aufgeklärt fühle, warum die Holocaust-Industrie nach diesen Kriegen 1967 und 1973 einsetzte. Erwarten darf ich als Leser eine aufbauende historische Analyse, die hier nicht gegeben ist.
Es geht nicht nur darum, Quellen hier und da heranzuziehen, sondern eben auch darum, die Glaubwürdigkeit von Quellen zu bewerten. Eine Quelle von Finkelstein möchte ich anführen, deren Wert ich nicht für sehr bedeutend halte, sodass man sie für historische Schlussfolgerungen auf ganz Amerika heranziehen könnte. Es geht um ein kurz vor dem Junikrieg gehaltenes Symposium des AJC (American Jewish Committee) mit dem Thema zur
„Jüdischen Identität hier und heute“. Nur drei der einunddreißig Teilnehmer erwähnten Israel,
„zwei von ihnen jedoch nur, um seine Bedeutung abzuwerten." Die Teilnehmer dieses Kongresses waren, so Finkelstein, die
„besten Köpfe der jüdischen Gemeinde“. Was das für Leute waren, verschweigt Finkelstein. Ein Kongress kann natürlich nicht als überzeugende Quelle dafür herhalten, dass Israel für ganz Amerika bedeutungslos gewesen sei. Finkelstein sagt, von den bekannten jüdischen Intellektuellen waren es nur Hannah Arendt und Noam Chomsky, die vor dem Juni 1967 eine Verbindung zu Israel geknüpft hatten.
Natürlich widerspricht das meine Behauptung, Finkelstein habe penibel Quellenangaben angegeben. Einerseits gibt er natürlich auf fast jeder Seite Quellenangaben an, andererseits ist dieses erste Kapitel von einer mangelhaften historischen Analyse geprägt, außerdem nehmen in einem guten wissenschaftlichen Sachbuch im Verhältnis zum Gesamttext noch mehr Seiten für Quellenangaben ein.
Für z.B. folgende Behauptung wünsche ich mir von irgendeinem Historiker dieser Welt eine genaue historische Analyse, und nicht so ein unübersichtliches Herumgehüpfe wie in diesem ersten Kapitel:
So, wie die amerikanischen Mainstream-Organisationen der Juden die Massenvernichtung der Juden durch die Nazis in den Jahren nach dem Krieg herunterspielten, um sich den Prioritäten der US- Regierung im Kalten Krieg anzupassen, blieb auch ihre Haltung gegenüber Israel mit der Politik der USA im Gleichschritt.
Das Buch heißt Holocaust-Industrie, aber der sog. Beweis, dass es diese Industrie überhaupt gibt, ist zu bemängeln, zumindest in diesem Kapitel. Es hat mich aber doch sehr überrascht, dass im zweiten Kapitel
„Schwindler, Geschäftemacher und die Geschichte“ eine erfreuliche Wende einkehrt. Argumentation und Quellen werden glaubhafter an den Leser vermittelt, und ich werde an einigen Stellen versuchen aufzuzeigen, warum Finkelsteins Argumentation nachvollziehbarer wird, und warum ich einige Quellen für glaubwürdig halte.
Liebe Grüße
mombour