Schiller schrieb am 8. Dezember an Goethe:
"Mit der Agnes von Lilien werden wir, scheint es, viel Glück machen; denn alle Stimmen, die ich hier darüber hören konnte, haben sich dafür erklärt. Sollten Sie es aber denken, daß unsre großen hiesigen Kritiker, die Schlegels, nicht einen Augenblick daran gezweifelt, daß das Product von Ihnen sei? Ja die Madame Schlegel meinte, daß Sie noch keinen so reinen und vollkommenen weiblichen Charakter erschaffen hätten, und sie gesteht, daß ihr Begriff von Ihnen sich durch dieses Product noch mehr erweitert habe."
Dass die Annahme einer Autorschaft Goethes abwegig ist, haben wir bereits bei der Betrachtung der ersten Sequenz des Romans festgestellt. In der zweiten Sequenz sind jedoch gewisse Anklänge an Goethes Wilhelm Meister nicht zu übersehen. Die Gestalt der Bettina etwa erinnert stark an Mignon und es wird deutlich, dass wie in W.M. die Entsagung zentrales Motiv des Roman werden wird…
Ansonsten teile ich Deine Enttäuschung, sandhofer. Es häufen sich Geheimnisse, Missverständnissse, seltsame Zufälle. Durch sie wird so etwas wie Spannung erzeugt, nicht durch die Charaktere oder die Geschehnisse. Und die Protagonistin ist allzu naiv, edel und fast auschließlich mit dem Beweis oder der Verteidigung ihrer Unschuld beschäftigt. Besonders lächerlich finde ich die ständigen verfänglichen Situationen, in die sie unschuldigerweise gerät und in denen seltsamerweise auch ihr verehrter von Nordheim immer zur Stelle ist, wodurch dann wieder Aufklärungsbedarf entsteht… Es geht mehr und mehr trivial zu. Der emanzipatorische Touch, den ich in der ersten Sequenz auszumachen meinte, scheint sich verflüchtigt zu haben….