Dieses Zitat aus dem Safranski-Buch steht dort als ein Beispiel - beispielloser - Prosa; in dem Sinne, dass derlei in ästhetischer Hinsicht seinesgleichen suche in der Literatur deutscher Zunge - und als solches Beispiel wurde es auch von mir zitiert.
Es steht eigentlich nur dort, weil Safranski zeigen möchte, dass Schiller sein Gefühl für Rhythmus aus den Versen des Don Karlos hinübergenommen(hat) in die Prosa. Deshalb die Aufforderung, den Satz laut zu lesen.
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Was besagten Satz betrifft, so kann ich Safranski recht geben, er könnte aus Don Karlos sein (den ich erst vor kurzem wiedergelesen habe
). Wie gesagt, stilistisch rhetorisch „elaboriert“ - ein starker Gedanke, in geschliffene Form gebracht! Keiner, schon gar nicht Safranski, verlangt, dass man das mögen soll und deshalb besteht auch kein Anlass, abfällig bzw. beifällig zu grinsen. 
Letzter Kommentar zum Thema: Der Satz wird gefolgt von Safranskis Feststellung: "Es ist nicht übertrieben, wenn man den "Abfall der Niederlande" als eines der großen Prosa-Ereignisse in deutscher Sprache bezeichnet." Das zu behaupten steht ihm frei, mir drängte sich die Feststellung auf, dass ich mit dieser Behauptung nicht übereinstimme. Im Gegenteil: Der Beispielsatz ist ganz genau das, was ich in der Geschichtsschreibung nicht zu finden wünsche, er ist pathetisch und gefühlsduselig. Safranski gefällt's, mir nicht. Und Sandhofer hat - wenn ich mir erlauben darf, meinen Administratorkollegen zu interpretieren, deshalb dazu "gegrinst", weil auch er es offenbar für übertrieben hält, so etwas für eines "der großen Prosaereignisse" zu halten.
Im übrigen scheint mir die kurze Darstellung der Fichteschen Philosophie gelungen. Eine - wenn auch komprimierte, so doch geglückte Zusammenfassung.
Nun quält er mich schon eine Zeitlang mit der ihn offenbar begeisternden ästhetischen Theorie Schillers (die ich - wie eigentliche jede Ästhetik - für ein Produkt absoluter Beliebigkeit halte). Wenn etwa Schiller die Freiheit als für die ästhetischen Bestrebungen konstituierend betrachtet, die Kunst als eine Emanation dieser Freiheit ansieht, so kann man selbstverständlich mit Fug und Recht das Gegenteil behaupten, indem man feststellt, dass Kunst in eben der Beschränkung der naturgegebenen Freiheit besteht (Freiheit hier nicht im politischen Sinne verstanden), Kunst als Beschneidung, Sublimierung der Natur, Kunst als Beschränkung von Wildwuchs usf. (Das ist genau so auch schon vertreten worden.) Ich sage nicht, dass ich dem einen oder anderen zustimme, sondern nur, dass alle diese Versuche, Ästhetik, Kunst, Schönheit zu um- und beschreiben, hoffnungslos sind. Sie mögen für den einzelnen im Augenblick richtig sein, beim ersten Lesen eine Zustimmung erwecken, halten aber einer Kritik nie stand. Spätestens in dem Augenblick, in dem sie zur Theorie werden, Anspruch auf größere, gar allgemeine Gültigkeit erheben wollen, scheitern sie kläglich. Die Begriffe sind unklar (Anmut, Würde, "energische" Schönheit), die Zusammenführungen ermangeln der Stringenz und letzten Endes weiß man eigentlich nie, wozu dies alles gut ist: Alle diese Theorie werden angesichts von Kunstwerken, Bildern, Symphonien, Dichtungen obsolet, keine ästethische Theorie (wie dass der Künstler den Stoff entsprechend diesem Stoff formen solle) erschließt irgendetwas von der Schönheit der Goetheschen Lyrik oder einer Beethovensonate. Oder das Schillerschen Diktum, dass "schön ist, wenn es, ohne seinem Begriff zu widersprechen, einen freien Spiel der Natur gleichsieht (...)": So kann ich darunter alles und nichts subsummieren.
"Die große Idee der Selbstbestimmung strahlt uns aus gewissen Erscheinungen der Natur zurück, und diese nennen wir Schönheit." Soso. Tut es das? Welche Erscheinungen sind es denn, die da strahlen (und mir, der ich heute den ganzen Tag in der Natur verbracht habe, wurde nicht das mindeste Strahlen zuteil) - und welche Teile strahlen denn nun nicht Selbstbestimmung aus? Und wer entscheidet das - und was hat das alles mit Schönheit zu tun? Alles und nichts. Das sind Leerformeln, die demjenigen, der sie gerade niederschreibt, einleuchtend erscheinen, vielleicht auch dem Leser, die aber einer eingehenden Reflexion nicht standhalten, weil sie verschwommen und bodenlos sind und im Grunde nur das subjektive Empfinden eines Einzelnen beschreiben.
Safranski referiert das alles, ohne kritische Anmerkungen, im Stile eines Enzyklopädisten. Insofern fehlt mir bei diesem Buch ständig die tatsächliche Auseinandersetzung mit den Themen, nirgendwo wird der Versuch unternommen zu beschreiben, warum denn diese Theorie nun treffend oder unzureichend ist, was sie von anderen unterscheidet, wo ihre Probleme liegen. Das Ganze ist - wie schon im Eingangsposting erwähnt - eine biedere Darstellung der Schillerschen, idealistischen Gedankenwelt, die sich nirgendwo - weder in positivem noch negativem Sinn - in Frage stellt.
lg
orzifar