Author Topic: László Mérö: Die Grenzen der Vernunft  (Read 2028 times)

Offline orzifar

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László Mérö: Die Grenzen der Vernunft
« on: 17. Januar 2013, 15.16 Uhr »
Hallo!

Mérö ist mit dem Buch "Die Logik der Unvernunft" bekannt geworden (das ich aber nie gelesen habe). Dieses Buch stößt in ein ähnliches Horn: Er versucht zu zeigen, dass unsere gewohnte, "normale" (binäre) Logik nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Oder besser: Dass es Situationen gibt, in denen auch eine andere Logik durchaus sinnvoll sein kann. (Das Einleitungskapitel über Personen, die unter Hypnose eine andere Logik verfolgen, ist recht aufschlussreich.)

Allerdings hätte ich mir mehr über intuitives Denken erhofft, darüber, wie wir zu manchen Denkergebnissen kommen, wenn wir etwa tagelang über einem Problem brüten und plötzlich des Nächtens die Lösung finden (eine Erfahrung, die ich vor allem in bezug auf das Programmieren gemacht habe). Denn außer interessanten Ansätzen ist das Buch unglaublich geschwätzig und von beachtlicher Redundanz; außerdem beschränkt es sich weitgehend auf "eigenartige" kognitive (Fehl-)Leistungen, die mich an diverse Psychologiesachbücher meiner frühen Jugend erinnerten: Wie etwa visuelle Täuschungen bewusst erzeugt werden können. Das langweilt aber alsbald.

Nach knapp der Hälfte des Buches überlege ich ernsthaft, es auf Nimmerwiedersehen wegzulegen: Mérö schwafelt ständig von Schemata (welche er genau zu definieren als eine Unmöglichkeit bezeichnet), die irgendwo (vor allem im Kopf des Autors) umherschwirren, er versucht eine Art wissenschaftliche Grundlegung der Psychologie, bringt aber nicht viel mehr zustande wie Gemeinplätze und Abstrusitäten. Aus diesem Thema müsste mehr zu machen sein.

lg

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Offline Gontscharow

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Re: László Mérö: Die Grenzen der Vernunft
« Reply #1 on: 17. Januar 2013, 23.30 Uhr »

Quote from: Autor: orzifar« am: Heute um 15:16
Allerdings hätte ich mir mehr über intuitives Denken erhofft, darüber, wie wir zu manchen Denkergebnissen kommen, wenn wir etwa tagelang über einem Problem brüten und plötzlich des Nächtens die Lösung finden (eine Erfahrung, die ich vor allem in bezug auf das Programmieren gemacht habe).

Zu diesem Thema gibt es einen  Essay: Der Geistesblitz - zum Phänomen der plötzlichen Erkenntnis von Judith Klein, von dem dich besonders der zweite Teil (Philosophische und wissenschaftliche Zugänge)  interessieren könnte.     




Offline orzifar

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Re: László Mérö: Die Grenzen der Vernunft
« Reply #2 on: 18. Januar 2013, 00.19 Uhr »

Quote from: Autor: orzifar« am: Heute um 15:16
Allerdings hätte ich mir mehr über intuitives Denken erhofft, darüber, wie wir zu manchen Denkergebnissen kommen, wenn wir etwa tagelang über einem Problem brüten und plötzlich des Nächtens die Lösung finden (eine Erfahrung, die ich vor allem in bezug auf das Programmieren gemacht habe).

Zu diesem Thema gibt es einen  Essay: Der Geistesblitz - zum Phänomen der plötzlichen Erkenntnis von Judith Klein, von dem dich besonders der zweite Teil (Philosophische und wissenschaftliche Zugänge)  interessieren könnte.     

Danke! Werde ich mir sicher durchlesen!

lg

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Offline orzifar

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Re: László Mérö: Die Grenzen der Vernunft
« Reply #3 on: 19. Januar 2013, 18.41 Uhr »
Hallo!

Nun, da werden zuerst eher Erleuchtungs- bzw. Erweckungserlebnisse beschrieben. Solche sind mir - leider oder glücklicherweise - noch nicht beschieden gewesen; und bin dann doch eher erleichtert, da ich es mir unangenehm vorstelle, wie weiland Rouseau mit einer von Tränen durchtränkten Hemdbrust aufzuwachen von meinem exaltierten Zustande. Die Autorin geht zwar in weiterer Folge auf die von mir intendierte "Erkenntnis" ein, ich würde aber zwischen solchen Erweckungserlebnissen á la Augustinus und Rousseau (wobei ich diesfalls der im Text kurz angedeuteten Meinung bin, dass dieses von ihm fingiert worden ist) und der Art von Denken, wie sie etwa bei Max Weber beschrieben wird: Ein Zurücktreten, Freiwerden von eingefahrenen Denkwegen, um plötzlich zu anderen, neuen Lösungen zu kommen (ähnlich wie es viele Rätsel erfordern - und/oder die Mathematik), unterscheiden. Und noch etwas anderes scheint mir das zu sein, was Ruth Klüger beschreibt: Ein Innewerden einer Situation, einer Art von Ernsthaftigkeit, die irreversibel ist und häufig spezifisch jugendlich.

Später dann wieder für mich treffend zwischen systematischem Suchen (das eben nur unter bestimmten Voraussetzungen Erfolg hat) und diesem Distanzieren differenziert. Aber das scheint eben sehr wenig mit den von Klüger oder Augustinus beschriebenen Zuständen zu tun, das sind unterschiedliche Dinge. Das Zitat von Jonah Lehrer beschreibt es hingegen gut: "Unsere besten Gedanken entstehen während des Halbschlafs. ... Einen Einfall herbeizwingen zu wollen, kann ihn verhindern. Während im Allgemeinen angenommen wird, dass die beste Art, ein schwieriges Problem zu lösen, darin besteht, Ablenkungen zu vermeiden, die Aufmerksamkeit auf die relevanten Details zu lenken und sich zu konzentrieren, zeigt sich, dass derartige geistige Zusammenballungen die kreativen Verknüpfungen, die zu plötzlichen Durchbrüchen führen, blockieren können. Wir unterdrücken genau die Gehirnaktivität, die wir unterstützen sollten."

lg

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