Hallo!
Ich bin nun Mitte des letzten Teiles, den ich bislang für den besten halte. Die Innenansichten eines sehr genauen Beobachters, eines hypersensiblen, leicht neurotischen Menschen, der sich seiner Absonderlichkeiten ein wenig mehr bewusst ist als seine Umwelt. Eigentlich ist das eine fortgeschriebene Jugendlichkeitsattitüde. Der Heranwachsende, der sich erstmals Fragen über die Welt stellt, dem auffällt, dass die gerühmte und selbstverständliche Willensfreiheit einen veritablen Pferdefuß hat, der das eigene und fremde Verhalten analysiert, seltsam findet und schlicht feststellt, dass der Schein der Welt trügt und es nur wenig Gewissheiten gibt. Und anfangs glaubt, er sei der einzige auf dieser Welt, dem all das bewusst wird.
Später verliert sich dies alles: Zum einen ist man ganz und gar nicht allein, was diese Erkenntnisse anlangt, zum anderen aber tritt das Leben heran und verhindert eine allzu intensive Nabelschau. Bleibt aber dieses herantretende Leben außen, wird es nicht integriert, seine Problematiken nicht internalisiert, so bleibt auch das Fremdsein. Und man wird zum Abschaffel, einem, der dann tatsächlich relativ einsam ist mit seinen Gedanken (allerdings hinwiederum nicht so allein, wie er sich das gemeinhin vorstellt). Diese fortgesetzte Erkenntnis des Banalen, Ridikülen, Seltsamen, das Ungenügen an sich selbst und der Welt, die ständig spürbare Tatsache latenter Unzufriedenheit, Leere, Sinnlosigkeit, ist im Abschaffel großartig dargestellt, schonungslose Langeweile eines Lebens, das man nur deshalb nicht beendet, weil der Aufwand zu groß ist.
Mir scheint auch die sprachliche Fertigkeit des Autors von Teil zu Teil größer zu werden. Hatte ich im ersten Teil noch manchmal den Eindruck, dass manches ein wenig holpert, mühsam wirkt, so verliert sich dieser Eindruck zusehends. Lesenswert - und sehr viel besser als mein Erstversuch mit "Das Licht brennt ein Loch in den Tag".
lg
orzifar