...jedenfalls habe ich nichts philosophisch Interessantes gefunden. Aber wenn Du mir auf die Sprünge hilfst?
Nur ein Beispiel: VII, Kap.13 und 14! Der Einfachheit halber zitiere ich Flasch, den Kommentator meiner Ausgabe:
Augustin erzählt seine intellektuelle Entwicklung, indem er Nähe und Abstand zwischen neuplatonischer Philosophie und neutestamentlicher Logoslehre untersucht….….Das neunte Buch hat A. zum großen Teil seiner Mutter gewidmet und mit ihrer Lebensbeschreibung den Grundstein zu ihrer Heiligen-Legendenbildung gelegt (vgl. Artikel im
Heiligenlexikon, der fast ausschließlich auf das neunte Buch der
confessiones zurückgeht). Ziemlich unerträglich zu lesen: Augustins Hymne auf ihre Unterwürfigkeit als Tochter, Ehefrau und Mutter und sein Loblied auf Erziehungsmethoden aus dem Repertoire der schwarzen Pädagogik, wie wir das schon im ersten oder zweiten Buch hatten. Die Unterordnung seiner Mutter unter die gestrenge Erzieherin im Elternhaus, den jähzornigen, viel zu alten und dazu noch untreuen Ehemann und die misstrauische Schwiegermutter wird als beispielhaft hingestellt. Und gerade durch ihr stummes Erdulden, ihre Machtlosigkeit gewinnt sie im Endeffekt Macht und Einfluss, bekehrt sich ihr Mann doch noch zum Christentum, wird sie zur Ratgeberin und Friedensstifterin bei Ehestreitigkeiten etc. Bei aller Idealisierung und Stilisierung Monikas zum Muster der christlichen Frau erlaubt die Darstellung Augustins doch auch einen realistischen Einblick in die Lebensbedingungen der Frauen in der römischen Spätantike (mit allen Rechten ausgestattete, prügelnde Ehemänner inklusive).
In den Kapiteln 24 und 25 des neunten Buches gibt A. ein Gespräch mit seiner Mutter kurz vor deren Tod wieder, in dem sie sich gedanklich dem Begriff der Ewigkeit annähern. Besonders die lange, fast über eine Seite gehende Satzperiode von aneinandergereihten Konditionalsätzen in IX,26, einer Art Crescendo, bei deren Lesen man den Atem anhält und auf die Erlösung des Hauptsatzes wartet, der dann auch einen „
Augenblick der Einsicht, der (wie) die
Ewigkeit ist“, wiedergibt, vermittelt einmal einen Eindruck von Augustins Formulierungskünsten, das ‚Unsagbare’ betreffend, als auch die große Verbundenheit von Mutter und Sohn, die sich gemeinsam auf diese meditative Reise begeben. Schön, dass Flasch, der sich sonst mit dem Kommentieren sehr zurückhält, die Relevanz dieser Textstelle bestätigt :
Augustin spielt zuletzt an auf Matthäus 25,21 , doch ist der Aufstieg insgesamt neuplatonisch konzipiert. Die Stelle gab Anlass zu Erörterungen der augustinischen Mystik und Ekstase sowie über sein Verhältnis zu Plotin.
Angesichts des oben erwähnten Gesprächs Augustins mit Monika, das am Fenster mit Blick aufs Meer und den Himmel (das wird ausdrücklich erwähnt) in Ostia stattfand, ist mir nun auch klar, wie Ratzinger zu seiner Äußerung über Augustin kommt, die ich irgendwo gelesen habe:
Für uns ist Augustinus selbst gleichsam zu einem Fenster geworden, durch das wir hinausschauen auf das Ewige. 
Interessant im 9.Buch fand ich auch, dass A. seinen Beruf nicht nur aufgibt, weil er zum Christentum übergetreten ist und sich nun Gott widmen will, sondern auch, weil er tiefe Zweifel an seiner Tätigkeit (
Wörterverkäufer,
Lügenstuhl) hat, ausgebrannt und durch seinen „
schweren Beruf“ überfordert und krank ist…
Habe mit dem zehnten Buch angefangen. Verspricht interessant zu werden.