Hallo!
Ich glaube, dass im Deutschen die Begriffe Poesie und Lyrik tatsächlich fast deckungsgleich verwendet werden - bei Aristoteles war's noch umfassender (mein Meyer von 1874, den ich gerne in solchen Fragen zurate ziehe, unterscheidet noch zwischen dramatischer/lyrischer und epischer Poesie, dieses Schema scheint heute obsolet, zumindest im Deutschen, im Englischen sind die "lyrics" meines Wissens für Liedtexte reserviert).
Persönlich lese ich Lyrik fast immer wie zufällig, selten bewusst, mich hinsetzend und einen Gedichtband zur Hand nehmend. Weil ich einfach nicht Seite um Seite und Gedicht um Gedicht lesen kann, während mir das bei Prosa oder Drama keine Probleme bereitet. Gedichte sind für mich Texte, die meine Gefühlsebene sehr viel stärker ansprechen denn Prosaisches, weshalb die "Gestimmtheit" sehr viel wichtiger ist. (Wobei moderne Lyrik diese meine Gefühlsebene meist nicht erreicht.) So blieb ich irgendwo stehen zwischen Rilke und Celan, manchmal ein wenig Lenau, Meyer. Vielleicht zu unrecht.
Das Lyriklesen ist aber für mich (wie hier fast anklingend) keine ideologische Frage. Hingegen etwas, das Zeit braucht, Ruhe, Ataraxie, mehr, als ich oft aufzubringen vermag. Vergleichbar mit Musik, welche ich auch nicht en passant hören kann, als bloße Berieselung, tonales Urknallrauschen. (Im Gegenteil: Mir sind Haushalte suspekt, in denen Fernseher/HiFi-Anlage/Radio ständig für eine Geräuschkulisse sorgen.)
lg
orzifar