Aber vielleicht hat sich Wilber s. u. mit schlecht und gut/Sünde und Heil nur blöd ausgedrückt, und er meint gar nicht, dass „Ausrotten vom Schlechten“, sondern nur eine Art von Fortschritt. Weißt du woran ich mich momentan reibe?
Wilber schreibt: „vom Niederen zum Höheren, vom Schlechten zum Besseren. Von der Sünde zum Heil.“
Natürlich, er meint den Fortschritt in der Evolution. Der Untertitel des Buches heißt:
"Der Mensch auf dem Weg vom animalischen zum kosmischen Bewußtsein"Auf dem ersten Blick sage ich natürlich auch, es wird nichts besser. Jede Generation hat seine Krisen, oder jedes Jahrhundert, und früher war es nicht besser als heute. Es ist also falsch, wenn wir sagen, es wird alles immer besser, dabei wir aber bedenken müssen, dass die Evolution so ein langer Prozess ist, den wir nicht überlicken können. Das Vorwort wird mit eiinem Zitat Plotins eingeleitet, Wilbers Lieblingsphilosophen:
"Die Menschheit befindet sich auf halbem Wege zwischen den Göttern und den Tieren"Der Mensch ist aus dem Tier entstanden (Affen) und wird sich nach Wilber zu einem Wesen mit einem kosmischen Bewusstsein entwickeln. Sri Aurobindo und Teilhard de Chardin haben ja auch davon gesprochen, so Wilber,
die Zukunft der Menschheit heiße kosmisches Bewusstsein. (bei Aurobindo gibt es auch das "supramentale Bewusstsein", bei Chardin, der u.a. auch Theologe war, muss das dann natürlich "Christusbewusstsein" heißen.
Wenn man es denn so sehen will, der Mensch gehe auf lange Sicht auf ein kosmisches Bewusstsein zu, dann muss man dieses selbstverständlich als positiv betrachten, weitaus mehr als das Bewusstsein eines Tieres. Darum sagt er "vom Niederen zum Höheren."
ABER, stimmt das denn?
Leider zerbricht so was immer, wenn man genauer hinschaut...
Zwei Gründe warum Wilbers Theorie (die wir noch gar nicht richtig erörtert haben), wanken könnte (ich muss mich natürlich vorsichtig im Konjunktiv ausdrücken

)
1) Darwinismus/Neodarwinismus
Der Zufall spielt eine Rolle (Mutationen), warum ist sich Wilber dann so unbedingt sicher, wie sich unter Geist entwickelt. Wilber ist sicher nicht konform mit Neurobiologen, die sagen, der Geist (Bewusstsein) entstzehe aus Materie. Es ist in erster Linie Materie, die sich evolutioniert, dass sich daraus ein menschliches Bewusstsein entwickelt hat, ist warscheinlich purer Zufall oder was weiß ich...ein glücklicher Zufall... Niemand kann doch wissen, wie sich der menschliche Körper weiterentwickeln wird. Es könnte vielleicht sein, dass er noch ein paar Millionen Neuronen mehr erhält, noch mehr synaptische Verbindungen, wie sich dann unser Bewusstsein verändern würde, muss jetzt wohl offen bleiben.
2) Philosophia perennnis
eine schöne Philosophie, durchaus sympathisch - letzten Endes muss man aber daran glauben oder auch nicht, ob es das Absolute gibt. Wilbers Theorie steht oder fällt mit dem Glauben, bzw. mit dem NIchtglauben daran. Das Absolute nennt Wilber in "Eros, Kosmos, Logos" dann einfach nur GEIST, der Dalai Lama in seinen Harvard Vorlesungen spricht von "Geistkontinuum".
Unabhängig von meinen kritischen Gedanken ist Wilbers Theorie natürlich sehr interessant, die er aber erst viel später in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts erweitert und spezifiziert, bzw. vollendet hat, in dem er den Begriff "Holon" in seine Philosophie aufnahm (der Begriff stammt von Arthur Koestler) und die sog. "Quadranten-Theorie" entwickelt hat. So kann zwar in der Einführung unseres Buches schon von
der Großen Kette des Seins lesen, viel schöner und ausgereifter aber in seinem viel späteren Buch "Naturwissenschaft und Religion".
Trotzdem, ich bin sehr gepannt auf diese Evolution, wie sie uns in diesem Buch dargelegt wird. Eine Tour über unseren Horizont. Ein wenig befremdet hat mich ja doch, weil Wilber oft die Vokabel Gott in den Mund nimmt. Das Buch entstand 1981. Damals war er wohl noch kein Buddhist.

Es ist ein Buch des jungen Ken Wilber, daran sollte man denken. Ich lese nun die Einleitung zu Ende.
Liebe Grüße
mombour