Author Topic: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt  (Read 9079 times)

Offline sandhofer

  • Administrator
  • *****
  • Posts: 6 769
Re: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt
« Reply #15 on: 15. April 2016, 21.04 Uhr »
Aus Göttingen stammte auch seine Frau Therese, die mir hier zu wenig vorkommt, [...]. Sie wurde später ja noch bedeutend als Herausgeberin, weibliche Redakteure gab es weniger als Leiterinnen literarischer Salons. Diese Zeit ihres Wirkens wird dann wieder in Fabians Cotta-Biographie von 2014 gewürdigt. Aber zugegeben, die Biographie Goldsteins wäre überlastet worden, und ihm steht selbstverständlich wie allen Biographen das Recht zu, seine Schwerpunkte selbst zu setzen.

Wenn er Therese Huber, geborene Heyne, verwitwete Forster, auch noch in extenso hätte vorstellen wollen, hätte das wohl vom Umfang wie vom Aufbau her dieses Buch komplett gesprengt. Nicht zu reden davon, dass Forsters Begleiter auf der Niederrhein-Belgien-Holland-England-Frankreich-Reise, Alexander von Humboldt, dann auch in extenso hätte vorgestellt werden müssen. Und dann der zeitweilige Begleiter, im deutschen Niederrhein-Gebiet nämlich, Iffland, auch. Von Forster senior gar nicht zu reden. Oder von James Cook. Nö, ich war ganz zufrieden mit dem Umfang des Geleisteten.
Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

Offline Karamzin

  • Newbie
  • *
  • Posts: 47
Re: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt
« Reply #16 on: 16. April 2016, 09.00 Uhr »
Aus Göttingen stammte auch seine Frau Therese, die mir hier zu wenig vorkommt, [...]. Sie wurde später ja noch bedeutend als Herausgeberin, weibliche Redakteure gab es weniger als Leiterinnen literarischer Salons. Diese Zeit ihres Wirkens wird dann wieder in Fabians Cotta-Biographie von 2014 gewürdigt. Aber zugegeben, die Biographie Goldsteins wäre überlastet worden, und ihm steht selbstverständlich wie allen Biographen das Recht zu, seine Schwerpunkte selbst zu setzen.

Wenn er Therese Huber, geborene Heyne, verwitwete Forster, auch noch in extenso hätte vorstellen wollen, hätte das wohl vom Umfang wie vom Aufbau her dieses Buch komplett gesprengt. Nicht zu reden davon, dass Forsters Begleiter auf der Niederrhein-Belgien-Holland-England-Frankreich-Reise, Alexander von Humboldt, dann auch in extenso hätte vorgestellt werden müssen. Und dann der zeitweilige Begleiter, im deutschen Niederrhein-Gebiet nämlich, Iffland, auch. Von Forster senior gar nicht zu reden. Oder von James Cook. Nö, ich war ganz zufrieden mit dem Umfang des Geleisteten.

Forster sen. und James Cook kommen schon recht ausführlich vor. Bei ersterem kommt mir ein Aufsatz in den Sinn, der sicher auch nicht aufgenommen zu werden brauchte: Gerhard Steiner: Johann Reinhold Forsters und Georg Forsters Beziehungen zu Russland. In: Studien zur Geschichte der russischen Literatur des 18. Jahrhunderts. Bd. II, Berlin 1968, S. 245-311, 430-450.

Vater und Sohn mussten zusammenstehen in der Fremde. Wie sich eine verkorkste Vater-Sohn-Beziehung auf das Leben auswirken konnte, müsste mal jemand im Vergleich mit anderen Zeitgenossen darstellen (prominent und am meisten durchleuchtet natürlich Goethe).
Was den bei Goldstein nicht näher betrachteten Versuch Georg Forsters betrifft, 1788 an einer geplanten russischen Weltumsegelung unter Leitung des Kapitäns Mulovskij teilzunehmen, die am Ausbruch des russisch-schwedischen Krieges scheiterte, so kommt die Figur des Grafen Friedrich von Anhalt (1732-1794) ins Spiel, Generaladjutant Katharinas II., Direktor des Landkadettenkorps in St. Petersburg und Präsident der Freien Ökonomischen Gesellschaft, der zahlreiche Vertreter des deutschen Geisteslebens persönlich kannte (Gottsched, Goethe, Lenz, Klinger usw.). Er verdient ebenfalls einmal eine ausführliche Biographie. Die Briefe Anhalts betreffend die Anwerbung Forsters für den russischen Dienst liegen im Nachlass des Schweizer Arztes Johann Georg Zimmermann in Hannover. Aber, wie von Dir gesagt und von mir zugestanden - die Biographie wäre mit solchen Details überfrachtet worden, und der ziemlich gut erkennbare Hauptweg der Argumentation des Autors, halt eines Philosophiehistorikers, wäre verlassen worden.

Die einen Autoren in der Forster-Forschung sind wohl vor allem spezialisiert auf die Reiseforschung und Anthropologie der Aufklärungszeit, die anderen auf die politische Geschichte nach der Französischen Revolution von 1789 und die Mainzer Republik, bei Goldstein finden sich beide Themenkomplexe glücklich vereint.
« Last Edit: 16. April 2016, 09.12 Uhr by Karamzin »

Offline sandhofer

  • Administrator
  • *****
  • Posts: 6 769
Da ich meine Lektüre von Forsters Werken auch hier abgelegt habe, will ich doch bekannt geben, dass mittlerweile Band 4, Briefe, an der Reihe ist.

Forster ist eigentlich ein Mann des Gesprächs. Sein Reisebericht ist Selbstgespräch, sprich Tagebuch. Später, die Ansichten vom Niederrhein, sind es Briefe an seine Frau, die er umarbeitet. Und als Lehrer, sei es in Kassel, sei es in Wilma, ist er todunglücklich, wenn ihm das Gespräch fehlt. Also konversiert er fleissig via Brief. Im damaligen Polen fehlte ihm das, weil die Post sehr unzuverlässig war. Vorher, in Kassel, profitierte er von der Nähe Göttingens, ja sogar mit den Weimarer Grössen war er im Dialog. In Mainz schliesslich vereinsamt er zusehends.
Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

Offline sandhofer

  • Administrator
  • *****
  • Posts: 6 769
Ich muss mich echt mal drum kümmern, ob es nicht noch andere, bessere Ausgaben der Briefe gibt. Bzw. eben den Briefwechsel. Ich habe nach ein paar Anmerkungen den Verdacht, dass Therese, die schon zu Forsters Lebzeiten auf Scheidung drang, vieles in ihrer Edition unterdrückt hat, v.a. den Wunsch Georgs, seine Kinder auch mal wieder zu sehen und/oder gar in ihrer Nähe bleiben zu können.
Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

Offline sandhofer

  • Administrator
  • *****
  • Posts: 6 769
Das Kapitel 'Forster' habe ich bis auf weiteres abgeschlossen; auch wenn mich eine kritische Ausgabe des Briefwechsels reizen könnte...
« Last Edit: 16. Mai 2016, 19.46 Uhr by sandhofer »
Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

Offline sandhofer

  • Administrator
  • *****
  • Posts: 6 769
Von Forster bin ich noch zu Cook gekommen, und lese nun eine etwa über 150 Jahre alte Biografie von einem gewissen Dr. Müller: Cook, der Weltumsegler. Besser sollte man allerdings von Hagiografie sprechen. Cook macht alles richtig, kann alles, weiss alles - so stellte man sich noch in den 1960ern die "gute", "erbauliche" Lektüre für Jugendliche vor, und ich vermute, dass dieses Buch auch für solche Jugendliche gedacht war...
« Last Edit: 30. Mai 2016, 21.04 Uhr by sandhofer »
Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

Offline sandhofer

  • Administrator
  • *****
  • Posts: 6 769
Unterdessen ist die erste Weltumsegelung beendet. Da wurden aber ganz schon viele Maoris und Südseeinsulaner erschossen, nur, weil sie sich trauten, den damit angeberisch herumlaufenden Engländer ein Gewehr oder zwei zu klauen...
Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

Offline sandhofer

  • Administrator
  • *****
  • Posts: 6 769
Ein bisschen recherchiert. Es handelt sich tatsächlich um ein Jugenbuch. Aus einer Jugendbuchreihe. Nun wundert mich gar nichts mehr.
Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

Offline sandhofer

  • Administrator
  • *****
  • Posts: 6 769
Nun wundert mich gar nichts mehr.

Ausser der Tatsache, dass das Ding langatmig und repetitiv wird ...
Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

Offline sandhofer

  • Administrator
  • *****
  • Posts: 6 769
[...] dass das Ding langatmig und repetitiv wird ...

Daran ändert auch Cooks Tod nichts mehr. Schade. Eigentlich war es - die Heldenverehrung mal abgesehen - zu Beginn recht informativ und interessant. Leider wird uns aber Cook immer nur "von aussen" gezeigt; wir erfahren nicht, was er denkt, warum er wann wie handelt. Das macht ihn zu einer leblosen Marionette.
Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

Offline sandhofer

  • Administrator
  • *****
  • Posts: 6 769
Wir erfahren überhaupt sehr wenig über die Figuren. Auch bei den Maori und den Bewohnern der Südsee-Inseln wird nicht vertieft auf deren Kultur eingegangen. Ich frage mich, was man von so einem Buch sich erhoffte in Bezug auf die Bildung der Jugend. Cook ist ja zum Schluss nicht einmal mehr ein moralisches Vorbild.
Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

Offline sandhofer

  • Administrator
  • *****
  • Posts: 6 769
"Cook, der Weltumsegler" hat nun trotzdem seinen Platz im Blog gefunden.
Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus