Author Topic: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt  (Read 9078 times)

Offline sandhofer

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Hallo zusammen!

Ich bin auf Goldsteins Biografie im Zusammenhang mit den Nominierungen für den Preis der Leipziger Buchmesse, Kategorie Sach- und Fachbuch, gestossen. Goldstein ist Philosophie-Professor und versucht, sich Forster über dessen Denken/Philosophie anzunähern. Bis jetzt (ich bin circa auf S. 40) durchaus gelungen, auch wenn ich mir vorstellen kann, dass sowohl der Fach-Philosoph wie der an einfachen biografischen Fakten interessierte Leser das eine oder andere (aber je verschiedene) zu bemängeln finden werden. Den Bogen von Herodot über Locke und Hume zu Kant und dann zu Forster zu schlagen, ist zumindest einmal ein interessanter Startpunkt.

Grüsse

sandhofer
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Offline sandhofer

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Re: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt
« Reply #1 on: 25. Februar 2016, 22.58 Uhr »
Nach Abschluss der Lektüre: eine durchaus gelungene Mischung philosophischer und biografischer Schilderung dieses merkwürdigen Mannes.
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Offline sandhofer

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Re: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt
« Reply #2 on: 26. Februar 2016, 17.32 Uhr »
Goldsteins Biografie hat mich übrigens veranlasst, die vierbändige Werkausgabe Forsters zu kaufen, die seinerzeit bei Insel erschienen ist. Die Bücher sind heute angekommen.
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Offline orzifar

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Re: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt
« Reply #3 on: 27. Februar 2016, 02.45 Uhr »
Goldsteins Biografie hat mich übrigens veranlasst, die vierbändige Werkausgabe Forsters zu kaufen, die seinerzeit bei Insel erschienen ist. Die Bücher sind heute angekommen.

Hm, du wirst mich wissen lassen, ob sich das wirklich lohnt bzw. gelohnt hat. Ich habe da meine Zweifel, besitze allerdings einen dieser Insel-Bände (Ansichten vom Niederrhein).

lg

orzifar
Derzeitige Lektüre:

Herbert Schnädelbach: Philosophie in Deutschland 1831 - 1933
Hans Albert: Kritik des theologischen Denkens
Mareike Fallwickl: Das Licht ist hier viel heller
Marshall Sahlins: Neue Wissenschaft des verwunschenen Universums. Eine Anthropologie fast der gesamten Menschheit

Offline sandhofer

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Re: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt
« Reply #4 on: 27. Februar 2016, 07.37 Uhr »
Hm, du wirst mich wissen lassen, ob sich das wirklich lohnt bzw. gelohnt hat. Ich habe da meine Zweifel, besitze allerdings einen dieser Insel-Bände (Ansichten vom Niederrhein).

Werde ich. Da ich Reiseberichte, und vor allem alte Reiseberichte, liebe, denke ich, dass ich schon meinen Spass finden werde.  :angel:
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Offline sandhofer

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Re: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt
« Reply #5 on: 28. Februar 2016, 07.38 Uhr »
Ich habe nun im Blog ein paar Zeilen über Goldsteins Biografie geschrieben. Für ein an ein grösseres Publikum geschriebenes Sachbuch ist es tatsächlich nicht schlecht gemacht. Und dass man dem breiteren Publikum auch mal ein paar philosophische Begriffe vorführt, finde ich durchaus reizvoll.
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Offline sandhofer

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Unterdessen bin ich in Band 1 der Werke in vier Bänden - Georg Forsters Bericht über die Weltumsegelung mit Cook. Forster hat einen Hang zum Dramatischen, das hat Goldstein mit Recht festgestellt. Im Übrigen ist es ein Bericht, wie so viele andere. Ausser vielleicht, dass Forster tatsächlich recht offen und unbefangen an die fremden Sitten und Menschen herangeht. Selbst Hundefleisch isst er problemlos.
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Offline sandhofer

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Gegen Ende seiner Reise(beschreibung) beginnt Forster zu begreifen, dass der "edle Wilde" so edel eben nicht ist. Man spürt förmlich, wie er mit dieser neuen Erkenntnis ringt.
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Offline sandhofer

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Georg Forsters Bericht von seiner Weltreise ist unterdessen auch im Blog darniedergelegt.
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Offline sandhofer

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Band 2 - der sich radikalisierende Forster - ist nun auch "verbloggt".
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Offline sandhofer

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Re: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt
« Reply #10 on: 30. März 2016, 18.55 Uhr »
Band 3 angefangen: Forster radikalisiert sich noch mehr...
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Offline sandhofer

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Re: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt
« Reply #11 on: 04. April 2016, 19.31 Uhr »
Band 3 ist aber im Grossen und Ganzen interessanter als die N° 2. Gut, all die Titel, die er unter den englischen Neuerscheinungen von 1788, 1789 oder 1790 aufführt, sind nicht soooo interessant. Aber die Auswahl - vor allem im Jahr 1790 - macht's: Wenn Forster den Schwerpunkt auf Schriften gegen die Sklaverei und den Sklavenhandel in Grossbritannien setzt, wird er interessant.
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Offline sandhofer

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Re: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt
« Reply #12 on: 10. April 2016, 06.52 Uhr »
Ich habe gerade noch festgestellt, dass ich Forsters Werkausgabe hier auch eingepflegt habe. Nun denn: Band 3 ist online.
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Offline Karamzin

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Re: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt
« Reply #13 on: 15. April 2016, 10.16 Uhr »
Nach den Lebensbeschreibungen Forsters von Ulrich und Enzensberger habe ich jetzt auch Goldsteins Buch gelesen. Es hat einen sehr angenehmen Eindruck bei mir hinterlassen, vor allem wegen der sprachlichen Gestaltung. Grundmotive erscheinen immer wieder: die Natur und die Revolution. Dass der neuzeitliche Revolutions-Begriff aus der Geologie stammt, hatte bereits der tragisch endende Karl Griewank in seinem Buch gezeigt.

Interessant auch der Abschnitt über die Rassen-Debatte mit Kant - das Aneinander-Vorbeireden wird gut verdeutlicht. Forster hat gespürt, dass Kant ein ganz anderes Anliegen und Herangehen hatte, doch wollte er sein eigenes Prinzip des "Selbst in Augenschein nehmens" unbedingt in die Debatte bringen. Noch viel finsterer als das, was Forster über die indigenen Bewohner Feuerlands bringt, sind die Auslassungen von Christoph Meiners, seines Mitbewohners in Göttingen, über "Neger" und "Juden". Es wurde plausibel gemacht, dass sich der Geschichtsprofessor und Philosoph Meiners ganz bewusst als Beamter des Kolonialreiches Großbritannien fühlte, in dessen Sold er stand, während sein Kollege Blumenbach in Göttingen als Naturwissenschaftler Schädel von Menschen verschiedener "Rassen" sammelte, ohne Menschen anderen Phänotyps abzuwerten. Das kommt bei Goldstein nicht vor, mir aber jetzt in den Sinn.
Und auch, dass Andreas Pecar und Damien Tricoire in ihrem auf dem Umschlag als "Streitschrift" betitelten Buch "Fremde Freunde" (2015) im Zeitalter der Aufklärung "Rassismus" bei Kant finden wollen. Diese m. E. ahistorische Verwendung des angesichts aktueller Verwendungen schlimmste Assoziationen hervorrufenden Begriffs kommt wohl daher, weil sich die Autoren viel im Bereich der englischen und französischen Literatur tummeln, wo man bei "race" wesentlich unbefangener zu sein scheint.

Aus Göttingen stammte auch seine Frau Therese, die mir hier zu wenig vorkommt, und das nicht nur in den Abschnitten über die Mainzer Republik 1793, die erste Deutsche Demokratische Republik. Sie wurde später ja noch bedeutend als Herausgeberin, weibliche Redakteure gab es weniger als Leiterinnen literarischer Salons. Diese Zeit ihres Wirkens wird dann wieder in Fabians Cotta-Biographie von 2014 gewürdigt. Aber zugegeben, die Biographie Goldsteins wäre überlastet worden, und ihm steht selbstverständlich wie allen Biographen das Recht zu, seine Schwerpunkte selbst zu setzen.


Ein trauriges Ende hatte der schwerkranke Forster, Heinrich Heine musste in seiner Pariser "Matratzengruft" noch länger leiden, und Hölderlin hat am Schluss hoffentlich nicht mehr viel mitbekommen.
« Last Edit: 15. April 2016, 10.22 Uhr by Karamzin »

Offline orzifar

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Re: Jürgen Goldstein: Georg Forster. Zwischen Freiheit und Naturgewalt
« Reply #14 on: 15. April 2016, 19.13 Uhr »
Hallo,

ihr schafft es noch, dass ich mir den Goldstein zu Gemüte führe. Dabei quillt mein Büchertisch über ...

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orzifar
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