Hallo!
Ein Klassiker des dystopischen Literatur. Montag, ein Mitglied der Feuerwehr, deren Aufgabe es ist, alle Arten von Büchern zu verbrennen, gerät in Zweifel ob seines Berufes. Bücher widersetzen sich der einheitlichen, normierten Weltsicht, ihr Inhalt verwirrt, lädt zum Nachdenken ein, vermittelt widerstreitende Meinungen. All das ist in dieser Welt verpönt: Man lebt in einem Fernsehrausch, erfährt ständige Berieselung mit Musik, Werbung, entflieht diesem Dasein, wenn es denn wirklich unerträglich wird, durch wahnwitzige Autofahrten. Vollkommene Inhaltsleere, bloßes Funktionieren, absolute Gleichschaltung: Und das alles auf freiwilliger Basis. Mehrmals betont Bradbury, dass es nicht ein allmächtiger Staat ist, der dies alles gewollt hat (wenn er auch bereitwillig die Mittel zur Verfügung stellte), sondern der einzelne, der sich für dieses Nichtdenken, die Gleichschaltung, die emotionale Abstumpfung entschieden hat.
Ein Mädchen von nebenan, die sich ihre jugendliche Unbekümmertheit erhalten hat, dem Nichtstun huldigt, dem Nachdenken über ihre Mitbürger, wird zum Anlass für Montags Veränderung (auch wenn er vorher schon manchmal Bücher entwendet hatte). Doch auch er gerät in die Maschinerie, angezeigt von seiner eigenen Frau, muss er sein Haus niederbrennen, flieht und findet schließlich Zuflucht in einer Gruppe von Menschen, die durch das Auswendiglernen der Weltliteratur der Menschheit den Inhalt der Bücher zu bewahren versucht. Und der gerade ausbrechende Krieg mit Tod und Zerstörung gibt Anlass zur Hoffnung für Änderung.
Vieles aus unserer Welt hat Bradbury vorweggenommen: Großbildfernsehschirme, die akustische Berieselung auf öffentlichen Plätzen, in Kaufhäusern, in jedem Privathaushalt, verstöpselte Ohren, Geflimmer allüberall. Dazu Event-Kultur, Abenteuerurlaub, Daily Soaps. Und das alles auf freiwilliger Basis. Trotzdem wirkt das Buch betulich und sozialromantisch, die Analyse fällt einseitig aus und vieles erinnert an Kalendersprüche oder fernöstliche Weisheiten. Differenzierungen fehlen, sowohl in der Darstellung der Personen als auch in der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Und diese simple, semi-romantische Weltsicht schlägt dem Leser aufs Gemüt - zumindest dem heutigen Leser. In der Zeit seiner Enstehung, den 50igern, hatte diese alternative Betrachtung des technischen Fortschritts sicherlich etwas Revolutionäres. Obgleich: Aktuell ist die Probleme auch heute noch: Nur die oft simplifizierende, plakative Zeichnung dieser Zukunft kann nicht befriedigen.
lg
orzifar