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Lektüren, Rezensionen => Gerade am Lesen ... => Topic started by: sandhofer on 25. Januar 2015, 13.47 Uhr
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Hallo zusammen!
Heute nun mit Jahnns Opus magnum begonnen. Teil 1: Das Holzschiff. Was auffällt: Jahnns äusserst gepflegte, schon für die damalige Zeit (1949) viel zu gepflegte und altmodisch wirkende Sprache. Er wird im Gegensatz zu Niebelschütz aber nie marinieriert. Inhaltlich gemahnt Das Holzschiff mit seinen merkwürdigen Geheimgängen und seinen undurchschaubaren Personen an Kafkas Schloß. Allerdings ist er "gruseliger" als Kafka, insofern also eher an Poe und v.a. an Lovecraft erinnernd. Skurril, bizarr.
Ich glaube, ich mag ihn.
Grüsse
sandhofer
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Faszinierend... - wie mein Lieblings-Alien sagen würde: Der Erste Teil nun auch im Blog (http://blog.litteratur.ch/WordPress/?p=6066).
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Der zweite Teil fängt dann ganz anders an. In der Ich-Form erzählt, nicht mehr auktorial; und, sobald man an Land ist, klingt das Ganze auch sehr realistisch, auch wenn wir uns zuerst im fernen Südamerika aufhalten. Das heisst: Eigentlich ist es so, dass der Ich-Erzähler (der Verlobte Gustav aus dem ersten Teil) in Blättern von seinen Erlebnissen nach dem Schiffbruch erzählt. Erlebnisse, die er mit Tutein, einem ehemaligen Matrosen des untergegangenen Segelschiffs, teilt. Homoerotische Liebesgeschichte, und immer wieder Exzesse von Gewalt - starker Tobak für die Entstehungs- bzw. Veröffentlichungszeit 1949/50.
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Je mehr sich die Protagonisten dem Norden (Norwegen) nähern, umso archaischer wird die Grundhaltung von Autor und Protagonisten. In Norwegen selber allerdings schwenkt dies plötzlich um, als Gustav die Musik, das Komponieren, für sich entdeckt.
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Ja, tatsächlich. Nachdem Gustav die Musik, das Komponieren, für sich entdeckt hat, wird das Archaische von Land und Leuten in den Hintergrund gerückt...
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Irgendjemand hat Teil 2 mal als "Largo larghissimo" bezeichnet. Ich glaube, er hatte Recht.
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Largo. Und Archaismus pur. Die Psychologie von Jahnns Figuren ist noch Prä-Freud'sch. Eigentlich nicht-existent, wenn man davon absieht, dass Sex, Schmerz und Tod zu den Alltagserfahrungen seiner Protagonistne gehören. Die beiden Hauptdarsteller kommen mir ein bisschen vor wie Gilgamesch und Enkidu im 20. Jahrhundert...
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Der erste Teil, so merkwürdig er ist, lässt sich problemlos einordnen. Der zweite nicht. Nachdem nun Ajax aufgetaucht ist, kommt wieder Fahrt in den Fluss. Aber die immer noch prä-Freud'sche Psychologie der Figuren erschwert das Verständnis für mich Post-Freud'schen... Ich verstehe nicht, warum die Figuren so und nicht anders handeln...
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Auch das Ende des zweiten Teil ist ... hm ... seltsam ...
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Ich bin immer noch dabei, das Ende des zweiten Teiles in mich einsickern zu lassen - es hat mich ein wenig überrascht und erschreckt. lvw
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So weit mal eingesickert und im Blog abgelegt (http://blog.litteratur.ch/WordPress/?p=6097). ;)
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Der dritte Teil: sozusagen "The Next Generation"...
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Und plötzlich ist ein Toter wieder da ...
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Jahnn irritiert auch im Epilog ungeheuer. Ich weiss noch nicht, ob das einfach Faulheit ist oder grosses Können.
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Die Antwort weiss ich auch heute noch nicht; ich habe den Epilog aber trotzdem mal im Blog (http://blog.litteratur.ch/WordPress/?p=6120) abgelegt.
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Ich lese gerade Auszüge aus dem Briefwechsel von Jahnn und seiner Frau Ellinor. Für die Beziehung der beiden schaut dabei wenig heraus; aber verblüffend (oder eben nicht) einmal mehr, wie sehr Jahnn persönliche Erlebnisse in seinen Roman eingebaut hat. Ganze Beziehungsmuster sind wiedererkennbar.
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Ein seltsamer Bericht über eine seltsame Lektüre: Hans Henny Jahnns Briefe an Ellinor sind nun auch im Blog abgelegt (http://blog.litteratur.ch/WordPress/?p=6313).